Erika Guthjahr, Ehrenbürgerin der Stadt Rathenow, war eine leidenschaftliche Malerin. Schon seit frühester Kindheit bemalte sie alles Papier, was ihr in die Hände fiel und war kein Papier zur Hand tat, es auch mal der märkische Sand, denn ihr Schaffensdrang war unwiderstehlich.
Am 12.09.2010 würde sie ihren 94. Geburtstag feiern. Ihr Oeuvre ist riesig. Die Tochter Ulrike Marie Pelzer in Hamburg hat noch ein ganzes Arsenal von Bildern ihrer Mutter in Verwahrung und wird gelegentlich auch wieder damit in die Öffentlichkeit treten. Das Werk der rastlosen Heimatforscherin war aber nicht nur die Malkunst, sondern sie gab auch viele Schriften über Sagen und Geschichten, Bräuche und Rezepte im Havelland heraus. Ihre Korrespondenz erstreckte sich über ganz Deutschland, denn sie konnte fast zu allen Sachverhalten, die die Geschichte ihrer Heimatstadt Rathenow betraf, Auskunft geben. Nach der Einheit Deutschlands kamen die Rathenower, die das Leben weit fort verschlagen hatte zu ihr, und wollten wissen, wie und wo ihr Vaterhaus gewesen ist. Werner Vogel aus Bonn, heute 92jährig, erinnert sich noch gern daran, wie er als junger Mann die Erika nach Haus gebracht hat und auch geküsst hat. Sie musste aber doch nach dem Besuch des Viktoria-Luise Lyzeums in Rathenow eine ordentliche Lehre als Industriekaufmann in einer optischen Firma aufnehmen und arbeitete dort bis 1945. Nach dem Zweiten Weltkrieg ergriff sie die Chance, Zeichenlehrerin zu werden und nun waren Beruf und Berufung eins für sie, was nicht jeder von seiner Arbeit sagen kann. Unendlich viele Schülerinnen und Schüler erlernten bei ihr die Grundbegriffe des Malens, und sie hatte auch immer am Nachmittag für Begabte und weniger Begabte Arbeitsgemeinschaften, wo die Schüler ihre Kenntnisse vertiefen konnten.
Als 1996 der Förderkreis zum Wiederaufbau der Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow e.V. gegründet wurde, war sie selbstverständlich dabei. Sie kam jedes Wochenende in die Kirche, obwohl es oft bitter kalt war und erklärte den Besuchern die Geschichte der Kirche und ihre Besonderheiten. Viele Ausstellungen in der Sankt-Marien-Andreas-Kirche gehen auf ihre Anregung zurück. Mit den Kindern in der Friedrichsdorfer Straße machte sie vor Weinachten immer einen Bastelnachmittag. Jede Woche erschien von ihr ein Artikel über die Heimatgeschichte in der Presse. Aber auch eine Biowetterstation betreute sie viele Jahre lang. Sie war eine vielseitige interessierte und engagierte Frau der Stadt Rathenow. 1996 erhielt sie deshalb zu ihrem 80. Geburtstag die Ehrenbürgerschaft der Stadt. Neun Jahre war sie die einzige Ehrenbürgerin der Stadt Rathenow. 2005 starb sie an den Folgen eines Schlaganfalls.
Am Mittwoch, dem 1. September, wird um 11.00 Uhr eine Verkaufsausstellung zu ihrem Gedenken in der Sankt-Marien-Andreas-Kirche eröffnet. Die Ausstellung zeigt nur eine kleine Auswahl aus dem umfangreichen Werk der Künstlerin. Die Ausstellung wird täglich von 11.00 bis 17.00 Uhr geöffnet sein und schließt am Reformationstag (31.10.2010)
Quelle: Dr. Heinz-Walter Knackmuß